„Gestaltung und Haltung“
»Gestaltung und Haltung« stellt die Frage nach der ethischen Dimension in der Gestaltung. Zukunft gestalten heißt in diesem Sinne Perspektiven entwerfen. Gestaltung ist immer auf Zukunft ausgelegt und muss, um ernst genommen zu werden, »angemessen« in der Zeit sein, sie muss sich von einem monovalenten Fortschrittsoptimismus lösen, die Zeichen der Zeit verstehen.
Mittels Gestaltung werden Paradigmenwechsel sicht- und lebbar. Doch auch die angewandte Gestaltung selbst muss sich neu justieren. Der Entwicklungshorizont hat sich erweitert. Isoliertes Problem- und Themenverständnis ist mit einer globalen Perspektive nicht vereinbar. Fragen des Entwicklungskontextes, der Entwicklungsperspektiven und der möglichen Effekte über den Gestaltungsgegenstand hinaus rücken in das Zentrum des Diskurses. »Produkt & Perspektive« versteht das Produkt als im Kontext stehend, als Teil einer Option, aber auch als Teil einer Fragestellung: Gestaltung als Ergebnis eines transformatorischen Prozesses der Verhandlung von Technik, Anwendung und gesellschaftlicher Perspektive.
„Gestaltung und Transformation“
»Gestaltung und Transformation« befasst sich mit der Rolle des Produktdesigns vor dem Hintergrund neuer Entwicklungs-, Kommunikations- und Herstellungsszenarien. Gemeint ist zum einen die exponentielle Entwicklung neuer Materialien und technischer Verfahren und die Auswirkungen auf den klassischen Produktentwicklungs- und Produktionskontext. Zum anderen sind entsprechende, meist webbasierte Entwicklungen gemeint, die neue Gestaltungs-, Produktions- und Distributionshorizonte beschreiben (z. B. Open Source, Internet der Dinge, Manufaktur 4.0, Raumlabor, Constructlab, Co-Working, Digital Prototyping). Gerade diese, sich neben tradierten Entwicklungskontexten abzeichnenden, Verfahren skizzieren einen sich kulturell wie wirtschaftlich bereits konkretisierenden Möglichkeitsraum, der erheblichen Einfluss auf das Produktdesign hat. In diesem Zusammenhang werden unter anderem die Ressourcen industrieller und handwerklicher Fertigung in Bezug auf technisch-semihandwerkliche Ansätze neu verhandelt. Der*die klassische Dienstleister-Designer*in in der Expertenauseinandersetzung wird abgelöst von einem neuen Typ Gestalter. Dieser sieht sich nicht mehr Nutzer*innn, sondern kritischen Prosument*innen gegenüber, die zunächst von einer speziellen gestalterischen Kompetenz überzeugt sein wollen. Gestalter*innen müssen die Möglichkeiten der sich neu darstellenden Bedingungen erkennen und durch die Verwendung zeitadäquater Medien und Technologien in moderne gestalterische Aussagen übersetzen können. Durch das Aufgreifen von Initiativen, das Erkennen von Avantgarden, nicht nur in der Produktentwicklung, müssen sie sich als Expert*innen in Bezug auf kulturelle Entwicklung, wie auf die Kommunikation und den Einsatz aktueller Strategien der Produktkonzeption erweisen.
„Gestaltung und Prozess“
Das gewöhnlich mit dem Begriff Designprozess assoziierte Problemlösungsverständnis reicht vor dem Hintergrund aktueller Entwicklungsszenarien nicht mehr aus. Die Entwicklung neuer Materialien und technischer Verfahren haben Auswirkungen auf den klassischen Produktentwicklungs- und Produktionskontext. Darüber hinaus beschreiben webbasierte Entwicklungen neue Gestaltungs-, Produktions- und Distributionshorizonte, die entsprechend neue Methoden und Instrumente der Steuerung von Prozessen der Produktentwicklung nahelegen. Gestalter*innen als diejenigen, die ein Vorhaben in ein Produkt übersetzen sollen, fällt zunehmend die Rolle zu, multiprozessuale Aspekte einer Entwicklung zu verknüpfen und über Fach- und Kommunikationsgrenzen hinweg zu übersetzen – weg von einer Machbarkeitsdoktrin hin zu einem Plausibilitätsdiskurs. Sie müssen in der Lage sein, viele Entwicklungsaspekte, von der postindustriellen Produktion bis zur kritischen Rezeption zu formulieren, zu organisieren, zu integrieren bzw. selbst zu leisten. Ihnen fällt die Rolle der Mediation einer zeitgemäßen Produktentwicklung zu.
Lehrender:
Prof. Jörg Hundertpfund