Pressemitteilung
Studie beleuchtet Einfluss von Gefängnisarchitektur auf Alltag und Resozialisierung
Eine neue ethnografische Studie, die von der Berliner Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz gefördert wurde, bietet wertvolle Einblicke in die Auswirkungen von Gefängnisarchitektur auf das Leben von Inhaftierten und Mitarbeitenden. Durchgeführt von einem Forschungsteam der Fachhochschule Potsdam, liefert die Untersuchung wichtige Erkenntnisse und Impulse für die Gestaltung moderner Haftanstalten.
Architektur als Schlüsselfaktor für das Alltagserleben
Die Gestaltung von Justizvollzugsanstalten (JVA) und die alltäglichen Abläufe innerhalb der Anstalten haben einen erheblichen Einfluss auf das Leben der Inhaftierten sowie auf die Arbeit des Vollzugspersonals. Doch wie wirken sich die Architektur sowie die Gestaltung und Nutzung der materiellen, sozialen und digitalen Räume in einer Berliner Justizvollzugsanstalt auf den Alltag, die Resozialisierung und die sozialen Interaktionen der Gefangenen aus - und wie können ihre psychosozialen Bedürfnisse besser berücksichtigt werden?
In einer neu veröffentlichten Studie wurde, unter der Leitung von Prof. Dr. Friederike Lorenz-Sinai, Professorin für Methoden der Sozialen Arbeit und Sozialarbeitsforschung, der Alltag in einer neu gebauten Berliner Justizvollzugsanstalt unter verschiedenen Gesichtspunkten analysiert.
Die Ergebnisse zeigen, dass die offene und helle Bauweise der JVA Heidering das Wohlbefinden der Gefangenen fördert. Transparente Strukturen und Ausblicke ins Grüne tragen dazu bei, Stress und Anspannung abzubauen. Gemeinschaftsräume fördern den sozialen Austausch, Hafträume dienen als wichtige Rückzugsorte.
Gleichzeitig macht die Studie deutlich, dass die Architektur allein nicht ausreicht, um allen Bedürfnissen der Gefangenen gerecht zu werden. Insbesondere fehlt es an ausreichenden Beschäftigungs- und Freizeitmöglichkeiten, um den psychosozialen Bedürfnissen umfassend Rechnung zu tragen.
Herausforderungen für das Vollzugspersonal
Auch für die Mitarbeitenden des Allgemeinen Vollzugsdienstes bringt die Architektur sowohl Vorteile als auch Herausforderungen. Die offene Bauweise schafft ein angenehmeres Arbeitsumfeld, erhöht jedoch in Kombination mit Personalmangel die Sicherheitsrisiken. Dieser Personalmangel wurde von den Mitarbeitenden als eine der größten Herausforderungen benannt und wirkt sich negativ auf Arbeitsbelastung und Sicherheit aus.
Impulse für zukünftige Gefängnisbauten
Die Studie unterstreicht, dass eine gelungene Architektur positive Effekte auf die Resozialisierung der Inhaftierten sowie auf die Arbeitsbedingungen des Personals haben kann. Gleichzeitig zeigt sie, dass strukturelle und personelle Rahmenbedingungen entscheidend für die Lebens- und Arbeitsqualität in Haftanstalten bleiben.
Diese Erkenntnisse bieten konkrete Ansatzpunkte für die Planung und Renovierung moderner Gefängnisse. Sie sollen als Grundlage für Reformen im Justizvollzug dienen und eine gesellschaftliche Debatte über die Zukunft von Haftanstalten anregen.
Zur Studie
Der Abschlussbericht der ethnografischen Untersuchung „Gefängnisarchitektur – Raumnutzung und Alltagserleben in einer Berliner Justizvollzugsanstalt“ ist über die OPUS 4-Plattform verfügbar.
Kooperationspartner:
Justizvollzugsanstalt Heidering (Leitung: Andreas Kratz)
Förderung:
Berliner Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz
Projektverantwortliche:
Prof. Dr. Friederike Lorenz-Sinai (Projektleitung)
Professur für Methoden der Sozialen Arbeit und Sozialarbeitsforschung
friederike.lorenz-sinai@fh-potsdam.de
Dr. Hanne Balzer
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
hanne.balzer@fh-potsdam.de
Lara Schaper
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
lara.schaper@fh-potsdam.de