Interview
30 Jahre ZEW: Rückblick, Gegenwart und Ausblick

Anlässlich des 30-jährigen Bestehens der wissenschaftlichen Weiterbildung an der FHP reflektiert Prof. Dr. Tobias Schröder (Vizepräsident für Studium und Lehre) zentrale Weichenstellungen, Herausforderungen und Zukunftsperspektiven. Im Interview spricht er über die strategische Entwicklung, die Rolle der Weiterbildung im Hochschulkontext und seine Vision für die kommenden Jahre.
Rückblickend auf 30 Jahre Weiterbildung an der FHP: Welche strategischen Entscheidungen oder Weichenstellungen waren aus Ihrer Sicht besonders prägend für die heutige Ausrichtung des Bereichs?
In meiner Zeit als Vizepräsident für die Weiterbildung fiel nach einer externen Begutachtung die strategische Entscheidung: Die Zentrale Einrichtung Weiterbildung (ZEW) bleibt fest an der FH Potsdam verankert. Wir haben uns damit bewusst gegen eine Ausgliederung in eine GmbH oder ähnliche Rechtsform entschieden – ein Weg, den viele andere Hochschulen gegangen sind. Der entscheidende Gedanke: Wir wollten lebenslanges Lernen als integrativen Bestandteil der Hochschule stärken, nicht als getrennten Bereich.
Wie sehen Sie die Rolle der wissenschaftlichen Weiterbildung im Zusammenspiel mit dem regulären Studium – und welche Chancen ergeben sich aus einer engeren Integration beider Bereiche?
In einer Wissensgesellschaft muss sich das Wissen aller Berufstätigen kontinuierlich aktualisieren und wir kommen deswegen immer mehr zu einem Nebeneinander von Berufstätigkeit und akademischer Aus- bzw. Weiterbildung. Das entspricht auch einfach der Lebenswirklichkeit der heutigen Studierenden. Aus unseren Befragungen wissen wir, dass praktisch alle neben dem Studium arbeiten, und oft sind es nicht mehr die klassischen Nebenjobs, sondern qualifizierte Tätigkeiten in einem engen inhaltlichen Zusammenhang mit dem Studium. Dem müssen wir gerecht werden, indem wir stärker als bisher berufsbegleitende wissenschaftliche Weiterbildung in einem Baukastensystem als Teil eines künftigen Studienabschlusses betrachten.
Inwiefern kann und sollte Weiterbildung dazu beitragen, gesellschaftliche Transformationsprozesse – wie Digitalisierung, demografischen Wandel oder Fachkräftemangel – aktiv mitzugestalten?
Die Gegenfrage lautet: Wie soll Transformation ohne Weiterbildung überhaupt gelingen? Wenn sich Technologien und gesellschaftliche Anforderungen immer schneller entwickeln, können Kompetenzen nicht auf dem Stand bleiben, den man einst in Ausbildung oder Studium erworben hat. Weiterbildung ist der Schlüssel, um Schritt zu halten – und aktiv mitzugestalten.
Welche strukturellen oder institutionellen Veränderungen halten Sie für notwendig, um akademische Weiterbildung langfristig zukunftsfähig und anschlussfähig an internationale Entwicklungen zu gestalten?
Der fließende Übergang zwischen berufsbegleitender wissenschaftlicher Weiterbildung und Studium stellt uns vor große organisatorische Herausforderungen. Noch immer basiert das Studium oft auf der Annahme einer Vollzeittätigkeit – acht Stunden am Tag, fünf Tage die Woche. Das entspricht jedoch längst nicht mehr der Realität von über 90 Prozent unserer Studierenden. Gleichzeitig darf die notwendige Flexibilisierung nicht dazu führen, dass die zentralen Qualitäten eines Studiums verloren gehen: der geschützte intellektuelle Raum und die persönliche, gemeinschaftliche Entwicklung. Diesen Zielkonflikt müssen wir an der Hochschule aktiv gestalten.
Wenn Sie an die nächsten 10 bis 15 Jahre denken: Welche Vision verfolgen Sie für die wissenschaftliche Weiterbildung an Hochschulen – und was müsste heute dafür angestoßen werden?
Die Hochschule wird sich von einer Begleiterin für einen Lebensabschnitt zu einer lebenslangen Bildungsbegleiterin entwickeln. Wissenschaftliche Weiterbildung ermöglicht es, über Jahre hinweg Schritt für Schritt einen vollwertigen Studienabschluss zu erwerben. Dafür müssen wir heute die organisatorischen, rechtlichen und finanziellen Weichen stellen – ohne den Wert der akademischen Gemeinschaft, die ein klassisches Studium ausmacht, zu verlieren.
Was wünschen Sie der Zentralen Einrichtung Weiterbildung (ZEW) für die Zukunft – im Hinblick auf ihre Rolle innerhalb der Hochschule, ihre Ausstrahlung nach außen und ihre Weiterentwicklung in den kommenden Jahren?
Ich wünsche der ZEW, dass sie weiter so erfolgreich bleibt wie in den vergangenen Jahren. Sie soll ihren Weg von einer Verwalterin von Weiterbildungsangeboten hin zu einer agilen, innovationsfreudigen Taktgeberin mutig fortsetzen – mit neuen Angeboten, die den Puls der Zeit treffen und die Hochschule nach innen wie außen stärken.
Das Interview führte Mustafa Turna