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Praxissemester am Goethe-Institut Glasgow - Bachelor Kulturarbeit

Im Folgenden berichtet eine Studentin des Studiengangs Kulturarbeit (B. A.) von ihrem Praktikum an dem Goethe-Institut Glasgow im Wintersemester 2022/23.

Format:
Praktikum
Einrichtung:
Goethe-Institut Glasgow
Zeitraum:
-
Fachbereich:
Fachbereich STADT | BAU | KULTUR

Erfahrungsbericht

Die Entscheidung

Ich wollte sehr gerne die Option eines Auslandsaufenthalts im Studium wahrnehmen. Ein wichtiges Ziel war für mich, Kulturarbeit in einem internationalen Kontext und den Stellenwert deutscher Kulturvermittlung zu verstehen. Da ein Auslandssemester an einer anderen Universität wegen der Auswahl der Partnerhochschulen für mich nicht in Frage kam, entschied ich mich dafür, ein Praktikum im Ausland zu machen.

Das Praktikum beim Goethe-Institut bot die Möglichkeit, meine existierenden Fähigkeiten und Erfahrungen praktisch anzuwenden und diese zu vertiefen sowie mir ungewohnte Felder und Fähigkeiten kennenzulernen. In erster Linie war es mir wichtig, an einem renommierten und internationalen Institut wie dem Goethe-Institut zu arbeiten und dessen Abläufe und Strukturen kennenzulernen. Wichtige Aspekte des Praktikums waren für mich die interkulturelle und spartenübergreifende Arbeit, der Einblick in die organisatorische, planerische Arbeit von größeren Projekten, langfristigen Programmen und dazugehörigen Materialien und die Anwendung meiner beiden Muttersprachen im Berufsalltag. Was mich am Goethe-Institut darüber hinaus interessierte, war die Zusammenführung verschiedener Kulturbranchen in dessen Programm.

Die Vorbereitungen

Ich bewarb mich sehr frühzeitig auf die Praktikumsstelle, bekam zunächst keine Rückmeldung, erhielt aber auf Nachfrage direkt ein Angebot. Zusammen mit meiner Zusage wurde mir ein digitaler Vertrag zugesandt, ein Interview gab es nicht. Die Kommunikation zwischen Vertragsunterzeichnung und Praktikumsbeginn war nur sporadisch, was anfänglich etwas beunruhigend war. Entsprechend musste ich mehrmals schreiben und erhielt erst eine Woche vor Praktikumsbeginn einen Leitfaden, in dem Informationen zu Geschichte und Struktur des Goethe-Institut Glasgows, meine Aufgaben und meine zukünftigen Kolleg*innen zusammengefasst wurden.

Da ich in Großbritannien aufgewachsen und zur Schule gegangen bin, beherrsche ich Englisch als Muttersprache und musste keine Sprachkurse besuchen. Ein Visum musste ich nicht beantragen, da ich die britische Staatsbürgerschaft habe.

Die Unterkunft 

Zuerst suchte ich über Seiten wie Spare Room, Glasgow Gumtree, Easy Roommate, AirBnB, Glasgow’s West End, sämtliche Facebook-Gruppen und über Soziale Medien nach einem Zimmer. Ich nutzte das Angebot des Goethe-Instituts, einen Aushang am Schwarzen Brett anzubringen, welchen ich sowohl auf Deutsch als auch auf Englisch verfasst habe. Auch mit aktuellen Praktikantinnen des Goethe-Instituts habe ich geschrieben, um ihre Erfahrungsberichte zu hören. Hier kamen insgesamt sehr wenige Rückmeldungen.

Letztendlich habe ich eine Wohnung über Kontakte finden können. Ich habe in einer Zweier-Frauen-WG gelebt, die in Woodlands, West End, nur zehn Minuten fußläufig vom Goethe-Institut, liegt. Der kurze Arbeitsweg hat mir den Arbeitsalltag sehr bequem gemacht. Für mein WG-Zimmer zahlte ich 460 Pfund/Monat Kaltmiete. Durch die Energiekrise kam oben noch ordentlich was drauf.

Ich hatte das Privileg, durch das Int‘lFlex-Stipendium für Auslandspraktika für die ersten vier Monate meines Praktikums finanziell unterstützt zu werden. Da die Unterhaltskosten sehr teuer waren, wäre mir dieses Praktikum ohne diese Finanzierung nicht möglich gewesen.

Die Praktikumserfahrung

Das Goethe-Institut Glasgow besteht aus einem recht kleinen Team mit flacher Hierarchie, daher waren die Arbeitsweise und der Umgang miteinander sehr persönlich und offen. Eigenständige Arbeit wurde erwartet und unterstützt. Fragen waren sehr willkommen. Ich hatte Berührungspunkte mit allen Bereichen und konnte viel von der Arbeit der anderen lernen. Mir wurde großes Vertrauen entgegengebracht und das Verhältnis zu meinen Kolleg*innen war stets freundlich. Schnell fühlte ich mich im Team integriert und mir wurden von Beginn an verantwortungsvolle Aufgaben übertragen. 

Als Praktikantin war ich neben der Institutsleitung die einzige in der Programmabteilung, die voll und in allen Kultursparten gearbeitet hat. Eine Schwierigkeit in der Arbeitsweise und Arbeitsteilung stellte sich durch die zwei Halbtagsstellen meiner Ansprechpartnerinnen dar. Dies bedeutete, dass die passende Ansprechperson zu bestimmten Aufgaben oft und länger nicht erreichbar war.  

Die Aufgabenbereiche der Programmabteilung des Goethe-Instituts passen gut in das Studium der Kulturarbeit. Einerseits konnte ich die Lerninhalte des Grundlagenstudiums in der Praxis anwenden und kultivieren, z. B. konnte ich sowohl auf theoretisches Wissen als auch auf praktische Kenntnisse der Öffentlichkeitsarbeit, des Rechnungswesens, Controlling, Vereinswesen, Kulturvermittlung und -management zurückgreifen. Insbesondere war die Projektarbeit im Grundlagenstudium eine gute Vorbereitung für Herausforderungen von Teamarbeit, Arbeitsteilung und Projektmanagement. Erweiternd erlangte ich Kenntnisse über die genauen Arbeitsweisen und Abläufe eines internationalen Sprach- und Kulturbetriebs und den Umgang mit verschiedenen Situationen in der Organisation, Kommunikation und Vermittlung von deutscher Kultur im Ausland. Konkret arbeitete ich u. a. an einem Schottland-weitem ukrainischen Filmfestival der schottischen EUNIC-Institute, an einer Podiumsdiskussion und an einem Konzert zu Themen von Postkolonialismus, Intersektionalität und Geschlechterrollen in der Musikindustrie als Abschluss einer Künstler*innen-Online-Residenz und einer von Künstler*innen geleiteten Workshop-Reihe.

Das Praktikum bietet Einblicke in verschiedenste Kultursparten und Projektgrößenordnungen. Lernerfahrungen und Kompetenzzuwachs sind dabei aber stark abhängig von der Dichte und Qualität der Veranstaltungen. Des Weiteren ist es wichtig, persönliche Wünsche und Erwartungen zu benennen, ansonsten könnte es durchaus sein, dass man entweder über- oder unterfordert wird. Das Maß der Eigenverantwortlichkeit kann man so mitbestimmen.

Alltag und Freizeit 

In meiner Umgebung gab es viele Cafés, Restaurants, Pubs und charity shops (v. a. Byres Road, Great Western Road). Zahlungen waren i. d. R. bargeldlos. Lebensmittelkosten waren im Schnitt teurer als in Deutschland. Für Spaziergänge sind der große Kelvingrove Park und der Weg entlang des River Kelvins zum Botanic Gardens sehr zu empfehlen.

Die meisten Fitness-Studios sind ohne Vertrag und können monatlich gezahlt, gefrozen oder gekündigt werden. Für meine Mitgliedschaft beim PureGym zahlte ich 20 Pfund/Monat.

Auch die University of Glasgow lag um die Ecke und so konnte ich nach der Arbeit einen Spanischkurs an der Uni gut erreichen.

Fazit und Tipps

Das Goethe-Institut Glasgow würde ich Studierenden empfehlen, die die Bereitschaft haben, in einer großen Kulturinstitution zu arbeiten, sich allerdings noch nicht auf einen bestimmten Bereich und/oder eine bestimmte Sparte festlegen wollen. Insbesondere muss ein Interesse für internationale und interkulturelle Kulturarbeit vorhanden sein. Die Praktikumsstelle bietet einen grundlegenden Einblick in die Vermittlungsbereiche einer Kultureinrichtung und in die unterschiedlichen Aspekte des Kulturmanagements und der Öffentlichkeitsarbeit.

Ich würde hinzufügen, dass man sich mit der Entscheidung des Gastlandes des Instituts sicher sein sollte, da ein Großteil der Programmangebote sich v. a. auf die Kultur und Sprache des Gastlandes beziehen. In gewissem Sinne war es ein Vorteil für mich, dass ich mit dem britischen Kontext bereits vertraut war.

Ich bin dankbar für die lehrreiche Praktikumszeit, die aufgeschlossenen Kolleg*innen und die bereichernde Auslandserfahrung in Schottland am Goethe-Institut Glasgow.

Eindrücke aus Glasgow