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International Summer School "Social Work with Traditional Families" mit Gastwissenschaftlerin Dr. Libkhan Bazaeva

Die erste Int'l Flex International Summer School (ISS) gab spannende Einblicke in die Soziale Arbeit mit traditionellen Familien in Deutschland und Tschetschenien und ließ alle Beteiligten bei der komplizierten Visumsvergabe mitfiebern.

Summer School
Format
Tsche-tschenien
Heimatinstitution Gastwissenschaftlerin: NGO Women for Development Grozny
Sept. 2021
Zeitraum
FB 1
Fachbereich Sozial- und Bildungswissenschaften

Curriculum

In dieser ersten International Summer School, gefördert durch das Projekt »FL²@Int’lFlex – Forschendes Lehren und Lernen im internationalen Kontext«, kamen Studierende mit Teilnehmenden des Studienprojekts "Soziale Arbeit in Deutschland und Tschetschenien" der FH Potsdam und der Tschetschenischen Staatlichen Universität sowie Frauenrechtsaktivistinnen der Women for Development zu einem fachlichen Austausch zusammen.

Die Teilnehmenden gingen der Frage nach, wie soziale Dienste tschetschenische bzw. traditionelle Familien konstruktiv bei Konflikten und Problemen unterstützen können. Hierfür organisierten sie Gespräche mit Deutschtschetschen*innen, um von ihnen über ihre Migrationserfahrungen und Strategien im Umgang mit Wertekonflikten zu lernen. Zusätzlich befragten die Studierenden Sozialarbeiter*innen der Berlin-Brandenburger Sozialdienste, die Erfahrungen in der Beratung traditioneller Familien haben, zu ihrer Arbeit. Dabei interessierte die Teilnehmenden der International Summer School unter anderem, ob sich traditionelle Werte als Ressourcen für die Vermittlung von allgemeingültigen Menschenrechten und gesellschaftlicher Teilhabe nutzen lassen.

  • Dr. Marit Cremer, Dozentin an der Fachhochschule Potsdam, steht draußen und trägt eine Sonnenbrille
    © Hanne Dahlmann

    Sozialarbeiterische Interventionen werden von traditionellen Familien häufig abgelehnt. Das ist in Deutschland nicht anders als in Tschetschenien.

    Dr. Marit Cremer
    FH Potsdam, Fachbereich Sozial- und Bildungswissenschaften, Projektleiterin für internationale Projekte der Menschenrechts- und Sozialorganisation MEMORIAL Deutschland e.V.
  • Die Sommerschule eröffnet uns die Möglichkeit, zu verstehen, wie andere leben und denken und selbst den eigenen engen Kreis von lokalen stereotypen Vorstellungen zu verlassen.

    Dr. Libkhan Bazaeva
    Bis 1994 Philologin an der Staatlichen Universität Tschetschenien, seit 2002 Leiterin der Frauenrechtsorganisation Women for Development Grozny

Eindrücke aus der International Summer School

Resümee von Dr. Marit Cremer

Internationale Begegnungen in Zeiten der Pandemie sind herausfordernd und um ein Haar hätten wir das "I" aus der ISS streichen müssen. Nur ein einziger Gast aus Tschetschenien schaffte es über die Einreisehürden zu uns nach Potsdam. Mit Libkhan Bazaeva, die seit vielen Jahren eine Frauenrechtsorganisation im Nordkaukasus leitet, hatten wir im Rahmen des vom DAAD geförderten Int’l Flex-Projektes eine kompetente Expertin für den Umgang mit konflikthaften Lebenssituationen in traditionellen Gemeinschaften an unserer Seite.

Die meisten Studierenden waren auf das Thema durch die Teilnahme am zweisemestrigen Seminar "Soziale Arbeit in Deutschland und Tschetschenien" bei mir und die Studienreise im Mai nach Tschetschenien gut vorbereitet. Sozialarbeiterische Interventionen werden von traditionellen Familien häufig abgelehnt. Das ist in Deutschland nicht anders als in Tschetschenien. Eine wesentliche Rolle spielt dabei die Angst der Familien vor dem Verlust ihrer Reputation. In der Folge werden Konflikte tabuisiert und dadurch verschärft.

Für Libkhan bot der offene Umgang sozialer Einrichtungen mit in Tschetschenien zumeist tabuisierten Themen einen wertvollen Blick auf völlig andere Ansätze von Bewältigungsstrategien. Einige der besuchten Einrichtungen konnten von ihren Erfahrungen mit tschetschenischen Klientinnen berichten. Im Gegenzug erläuterte Libkhan beeindruckend analytisch und klug, wie staatliche und nichtstaatliche Einrichtungen in Tschetschenien mit den genannten Themenfeldern umgehen. Daraus entwickelten sich spannende Diskussionen über mögliche Wege aus repressiven und von moralischem Druck geprägten Interventionen durch staatliche Institutionen oder Familien.

Libkhan selbst zeigte sich "angenehm überrascht, dass die Studierenden ihr Wissen nicht auf ihr eigenes Land beschränkten, sondern sich aktiv für die Besonderheiten der Sozialen Arbeit in den Ländern, aus denen die Geflüchteten kommen, interessierten. Sie waren bereit, die sozialen Gewohnheiten dieser Menschen in Deutschland mit deren Leben zu verbinden. Der Wunsch, die Gründe für die Flucht und die Erwartungen der Geflüchteten zu verstehen, war offensichtlich. In den Workshops und Diskussionen zeigten die Studierenden neben ihrem fundierten theoretischen Wissen auch ein tiefes Eintauchen in die Praxis der Sozialarbeit."

Eines der wichtigsten Ergebnisse der ISS war für unseren alle Reisestrapazen mit bewundernswerter Ausdauer tragenden Gast "die Bildung von Toleranz in der Gesellschaft, das Bemühen und die Bewegung der Menschen aufeinander zu." Eine Thematik, die auch nach sieben Tagen Internationaler Sommerschule noch lange nicht erschöpfend bearbeitet ist.