Direkt zum Inhalt

Denkmalgerechtes Entwurfskonzept Villa Gerstenberg

Konzeptionelle Betrachtung und Entwicklung beim Umbau und der Sanierung denkmalgeschützter Villen im Raum Berlin am Beispiel der Villa Gerstenberg

Hauptfront, Bauphase 1904
Hauptfront Zustand 1, Bauphase 1904 | Quelle: Kunstbibliothek Berlin, Inv. Nr. KB:E 3334 gr-4.1904
Projektzeitraum:
Typ:
Abschlussarbeit
Profillinie:
Entwerfen ∙ Bauen ∙ Erhalten

Allgemeines

Eine einfache Definition des Denkmalschutzes gibt es nicht. Oft scheint der Umgang mit den Denkmälern willkürlich und von Fall zu Fall unterschiedlich. Doch sollte der Umgang mit dem Bestand der schon Jahre vor uns existiert hat nicht grundlegend in jeder Planung und Umnutzung auf den Substanzschutz gerichtet sein? Auf Grundlage dieser Fragestellung wird die Definition einer denkmalgerechten Sanierung anhand eines aktuellen Instandsetzungsprojektes erörtert. Dabei werden Planungsgrundsätze festgelegt, die sich mit den Themen Authentizität, Substanzerhaltung und Nachhaltigkeit auseinandersetzen.

Die 1903 von Otto Gerstenberg im neobarocken Stil errichtete, heute nach ihm benannte Villa Gerstenberg, hat in Folge mehrerer Bauphasen und Nutzungsänderungen eine Vielzahl von Um- und Anbauten erfahren. 2014 wurde der Bestand des Ursprungsbaus, sowie die Nebengebäude und die Parkanlage, ohne die nachfolgenden Erweiterungen, unter Denkmalschutz gestellt. Zentraler Mittelpunkt des Denkmalschutzes stellt das noch bauzeitlich erhaltene historische Treppenhaus dar.

In einer gerade laufenden Instandsetzungsmaßnahme wird die Villa Gerstenberg als Einfamilienhaus in ihre ursprüngliche Nutzung zurückgeführt. Die Sanierungsmaßnahme in Berlin Schmargendorf wird dazu genutzt, sich kritisch mit der Umplanung von Villen in Berlin unter dem Aspekt der Denkmalgerechtigkeit auseinanderzusetzen und unter Berücksichtigung der entwickelten Planungsgrundsätze eine daraus resultierende alternative denkmalgerechte Entwurfsplanung zu entwickeln.

Konzept

Auf Grundlage der selbstständig entwickelten Definition des Denkmalschutzes, sieht das ausgearbeitete Konzept eine Kunsthochschulnutzung vor, bei dem der Schwerpunkt bewusst den Erhalt des Bestandes in den Vordergrund stellt. Die Idee entstand im Zuge des Abbruchs des Galerieanbaus, infolge einer nicht mehr gegebenen Standsicherheit. Mit der Prämisse den Bau nicht in seiner ursprünglichen Form zu rekonstruieren, aber die Nutzung aus dem Jahre 1908 dort wieder zu integrieren, entstand der Entwurf eines neuen Galerieanbaus als Ausstellungsraum und daraus die Idee, den Schwerpunkt Kunst, in das Gesamtkonzept zu integrieren. Der bauzeitliche Natursteinsockel des Galerieanbaus bleibt erhalten und der Neubau gliedert sich in einer eleganten offenen Stahl-Holzkonstruktion über ihm an, sodass eine Verbindung zwischen Alt und Neu erwirkt wird und gleichzeitig eine bewusste Abgrenzung zum ursprünglichen Bestand entsteht. Im Hauptgebäude finden neben den Seminarräumen, Büros, Arbeitsbereiche, Werkstätten und eine große Mensa Platz. Die Nutzungsvariante ermöglicht einer Vielzahl von Besuchern, den denkmalgeschützten Bau zu erleben und nutzen zu können. Zudem werden im Süd-Östlichen Anbau und der Remise Wohnungen geplant, die nicht nur den Erstsemstern einen schnelleren Einstieg ins Studium ermöglichen, sondern auch den Bedarf gemeinwohlartiger Wohnungen in Berlin fördern. Zusätzlich wird mit dem Entwurf der direkte Bezug zum Bauherrn gezogen, der ein großes Interesse an der Kunst hatte. Auch die institutionelle Entwicklung in Dahlem und die Nähe zur Freien Universität Berlin unterschützen die historische Entwicklung der Villenkolonie.

Die planerische Anordnung der einzelnen Nutzungsbereiche im Entwurf, orientiert sich grundlegend an den in den unterschiedlichen Bauzeiten entstandenen Gebäudekomplexen. Der Hochschulbetrieb, mit den Schulungsräumen und den Büros, als zentrale Nutzungseinheit, gliedert sich entwurfstechnisch im Haupthaus an. Die Werkstätten werden abgegrenzt zur Wohnnutzung, im süd-westlichen Anbau eingerichtet, der ursprünglich mal als OP-Komplex genutzt wurde. Der süd-östliche Anbau und die Remise werden auf Grundlage der bereits bestehenden Zimmer- und Wohnstrukturen zu Studentenzimmern und WG's umgebaut.

Schwerpunkte in der Planung

Beginnend mit dem Dach ergibt sich die größte Differenz zur Ausführungsplanung, da der Dachraum im vorliegenden Konzept trotz Schadstoffbelastung erhalten bleibt. Hier reicht es aus, die belasteten und beschädigten Hölzer auszuwechseln. Ein Abbruch des gesamten Daches ist nach Rücksprache mit dem Holzschutzgutachter nicht nötig. Das Dach wird folglich für keine wohnliche oder schulische Nutzung verwendet. Große statische Eingriffe, wie Abbrüche von standsicheren Deckenbereichen werden nicht durchgeführt. Eine Veränderung oder Erweiterung wird durch den ausreichenden Platzbedarf zudem nicht in Anspruch genommen. Lediglich der Galerieanbau wird neu integriert auf dem Bestand aufgebaut.

Das planerische Konzept orientiert sich weitestgehend an den bestehenden Raumstrukturen. In Folge der Gewährleistung einer Barrierefreiheit, werden in den Sanitärbereichen Veränderungen notwendig. Auch zur Gewährleistung ausreichender Arbeitsplätze zum Zeichnen und für ausreichend große Schulungsräume mussten Innenraumstrukturen angepasst werden.

Statische Betrachtung

Die Stahlkonstruktion besteht aus mehreren Zweigelenkrahmen, die in den Fußpunkten als gelenkig bemessen sind. Der Achsabstand der Rahmen beträgt 3,15 m. Die Dachkonstruktion ist auf Holzpfetten, die in einem Abstand von 1,0 m angeordnet werden, aufgelagert. Die Dachform wird als Satteldach mit 45° Dachneigung ausgeführt. Zusätzlich werden in dem ersten und letzten Feld Verbände angeordnet, die die Stabilität der Rahmen zusätzlich verstärken und die Windlasten auf die Giebelwände in die Stützen abtragen. Die Haltepunkte sind in den Bereichen der Stahlstützen und der Firstpunkte angeordnet. Somit ist eine ca. 50° Neigung des Verbands realisierbar. Die Haltepunkte sind in der Bemessung der Stabilität der Riegel berücksichtigt.

Projektbeteiligte

Projektleitung

Prof. Silke Straub-Beutin

Prof. Dipl.-Ing. Silke Straub-Beutin

Professorin für Baukonstruktion
Studienfachberaterin Bauerhaltung und Bauen im Bestand (M. Eng.)

Projektleitung

Dipl.-Ing. Christian Boeing

Masterabsolventin

Leonie Franke